Nutzen, Wert, Mehrwert im Vertrieb

Manchmal ist man erstaunt, dass die genaue Bedeutung von Begriffen, mit denen im Vertrieb gerne jongliert wird, den einzelnen Personen gar nicht genau klar ist. Dazu gehören auch die Begriffe Nutzen, Wert und Mehrwert. Was insofern erstaunlich ist, als jeder vom Nutzen und Mehrwert seines Produkts spricht.

Es geht hier allerdings nicht um die rein semantische Bedeutung dieser Begriffe, sondern was im Vertriebskontext tatsächlich dahinter steckt.

 

Der Nutzen

Viele sprechen beim Nutzen auch gerne vom Kundennutzen. Das ist ein erster und entscheidender Fehler. Quasi jedes Produkt hat einen Nutzen. Diese verschiedenen Nutzenaspekte werden gerne gegenüber Kunden herausgehoben. Die Absicht ist aufzuzeigen, was der Kunde alles davon hätte, wenn er sich für dieses Produkt entscheiden sollte.

Um eins gleich klar zu stellen: das ist ein Nutzenversprechen. Dieses wird vom Anbieter formuliert.

Oft erlebt man, dass wenn sich ein Kunde nicht für das eigene Produkt entschieden hat, im Vertrieb Aussagen wie „die haben es einfach nicht kapiert“ oder „die haben gar nicht verstanden, dass wir besser sind als Wettbewerb XY“ fallen.

Auch das muss man gleich gerade rücken: die Personen auf der Kundenseite sind nicht dumm. Diese haben auf jeden Fall verstanden, was der Vertrieb in Bezug auf den Produktnutzen vermittelt hat. Das Problem liegt vollkommen woanders (Geduld – kommt gleich…).

 

 

Der Wert

Jedes Produkt bzw. Leistung hat einen Wert. Dieser Wert wird einerseits durch den Preis ausgedrückt, den der Anbieter seinem Produkt gibt. Und andererseits wird der Wert dadurch bestimmt, den der Kunde dem angebotenen Produkt beimisst.

Genau hier steckt übrigens ein großes Potential für Hinweise, ob man auf dem richtigen Weg ist.

Wenn der Kunde schon recht früh, also vor der Angebots- bzw. Verhandlungsphase, anfängt darüber zu reden, dass ihm der Preis zu hoch erscheint, dann sollten alle Alarmglocken angehen. Hier hilft es übrigens überhaupt nicht, auf den Nutzen zu verweisen. Es gibt hier offensichtlich eine Diskrepanz in der Wahrnehmung, was das Produkt tatsächlich wert ist. Und das führt uns schon zum nächsten Punkt.

 

Der Mehrwert

Viele setzen Nutzen und Mehrwert gleich. Hier steckt das Grundübel. Wer definiert eigentlich was?

Der Nutzen wird vom Anbieter formuliert.

Beim Wert kann es durchaus zwei Meinungen geben – vom Anbieter und vom Kunden.

Den Mehrwert bestimmt allerdings ausschließlich der Kunde. Um das zu verdeutlichen muss man sich nur folgendes vor Augen führen – ein Beispiel:

man bietet dem Kunden ein Produkt an, dass seine Betriebskosten um 5% pro Jahr senken würde. Jeder denkt sofort, warum sollte man hier überhaupt noch überlegen – wenn die Kosten für das Produkt geringer sind als diese 5%, dann muss doch der Kunde quasi von selbst kaufen. Allerdings entspricht das nicht der Realität. Erstens gibt es vielleicht auch andere Möglichkeiten dieses Ziel zu erreichen oder dieses Ziel hat derzeit keine Priorität beim Kunden, weil ihm die Kunden die Bude einrennen und er sich mehr mit Recruiting und internen Prozessen auseinandersetzt. Oder aber eine andere Maßnahmen bringt dem Kunden 20% mehr Umsatz – was aus kundenspezifischen Gründen wichtiger sein kann.

Den Nutzen mag er verstanden haben. Vielleicht ist man sich sogar über den Wert einig. Aber der Mehrwert, den der Kunde dem Produkt beimisst, ist in Relation zu anderen Möglichkeiten oder anderen (auch!) wichtigen Themen zu gering. Diese Bewertung kann letztlich nur aus Sicht des Kunden erfolgen.

 

 

Konsequenzen für den Vertrieb

Für den Vertrieb bedeutet es zuerst einmal, ganz klar die Begriffe Nutzen und Mehrwert zu trennen. Vom Nutzen kann man erzählen, den Mehrwert kann man nur gemeinsam herausarbeiten – dafür braucht man zwingend die Informationen aus der Perspektive des Kunden. Ein Hinweis, dass es hier eine Diskrepanz gibt, ist eine Preisdiskussion zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Vertriebsprozess – in der Regel ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Weg sehr mühsam wird bzw. eigentlich schon vorbei ist und man sich anderen Kunden zuwenden sollte.

Das Thema Mehrwert muss man zwingend offen ansprechen. Es ist schlicht unerlässlich die Kundensituation zu erfragen und die aktuellen Ziele und Probleme zu kennen.

Mit einer Frage kann man zumindest einen ersten Hinweis in Bezug auf den Mehrwert bekommen: was würde passieren, wenn der Kunde an dieser Stelle keine Entscheidung trifft? (also, weder für das eigene, noch das Konkurrenz-Produkt)

Wenn die Konsequenzen vom Kunden als wenig relevant angesehen werden, dann gibt es hier nichts zu gewinnen. Diese Frage kann der Vertrieb auch für sich beantworten, wenn der erste Kundenkontakt oder Produktvorstellung stattgefunden hat. Wenn man den Eindruck gewonnen hat, dass der Kunde die Konsequenzen aus einer Nicht-Entscheidung ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf nimmt, dann hat man wahrscheinlich eines dieser toten Pferde entdeckt – vielleicht nette Gespräche, aber nie eine Entscheidung.

 

Fazit

Gerade im B2B-Vertrieb ist es unerlässlich, sich beim Thema Mehrwert mit dem einzelnen Kunden zu befassen. Wie intensiv man das tut, hängt letztlich vom eigenen Businessmodell ab: sehr viele kleinere einzelne Verkäufe – dann weniger intensiv pro einzelnen Kunden. Vergleichsweise wenige Verkäufe, dafür höheres Einzelvolumen – dann umso intensiver.

Der Verkauf erfolgt über den Mehrwert. Je höher der Mehrwert aus Sicht des Kunden für die Erreichung seiner Ziele ist umso besser.

Genau da hin zu kommen, ist die Aufgabe des Vertriebs.

Und, bitte, keine stundenlangen Diskussionen über den Nutzen. Der Kunde hat es schon beim ersten Mal verstanden!

 

Einen Grund, warum dies in der Praxis oft nicht funktioniert, haben wir übrigens hier beschrieben:
„Gedacht, nicht gefragt…“

 

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